Oberkircher Mobilitätsgespräch aufsteigen
Klarer Wunsch nach Fahrradboxen am Oberkircher Bahnhof
-Radverkehr war Thema des zweiten Oberkircher Mobilitätsgesprächs am 20. Juli
Mit einer Fahrradklingel läutete Bürgermeister Christoph Lipps das zweite Oberkircher Mobilitätsgespräch am Mittwochabend in der Mediathek ein. Nachdem im Januar das Einsteigen in die Debatte um eine Mobilitätswende gelungen war, wolle man dieses Mal „gedanklich auf den Fahrradsattel aufsteigen“, so Lipps. Er benannte die
Elemente eines guten Radverkehrsangebots: eine Vielfalt an verfügbaren Fahrrädern, sichere und gut ausgebaute Wegeverbindungen, ausreichende und qualitativ gute Abstellmöglichkeiten sowie eine gewinn-bringende Kommunikation überund zum Radverkehr.
Damit war auch die Agenda für den Abend vorgegeben. Christian Jakobs von der Bürgerinitiative „Oberkirch mobil“ übernahm die Moderation und konnte mit Frieder Zappe, Teamleiter Innovative Mobilitätsdienstleistungen beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar, einen Experten begrüßen, der anhand langjähriger Erfahrungen die
Erfolgsfaktoren zum Aufbau eines Fahrradverleihsystems im Übergang zwischen städtischen und ländlichem Raum erläuterte. „Immer mehr Menschen bewegen sich multimodal: sie nutzen für unterschiedliche
Wege, Wochentage und Fahrtzwecke unterschiedliche Fahrzeuge.“ Darin bestehe die Chance, einen Teil des Autoverkehrs auf das Fahrrad zu verlagern, so Zappe. „Mit einem Fahrradverleihsystem können Städte
und Gemeinden ein flexibel nutzbares Angebot schaffen, das auf die Bedürfnisse von Anwohnern, Einkaufskunden, Touristen, Pendlern oder Gewerbetreibenden zurechtgeschnitten werden kann.“
Aus dem Publikum erhielt Zappe interessierte Fragen: ob Oberkirch nicht zu klein für ein Verleihsystem sei, wieviele Stationen vorgesehen werden sollten und wie diese ausgestattet sein müssten? Der Verkehrsplaner lobte den Ansatz des Mobilitätsnetzwerks Ortenau, der auf den gemeindeübergreifenden Ausbau des Angebots abzielt und die Attraktivität des Systems deutlich steigere. „Gehen Sie nicht zu kleinteilig vor“, für den Kunden werde das Angebot dann interessant, wenn die Stationsdichte mit sechs bis acht Standorten im Kernstadtgebiet hoch genug sei. Die Ausstattung könne dagegen in vielen Fällen sehr simpel sein, erläuterte Zappe anhand von Fotos aus dem Raum Rhein-Neckar. „In manchen Fällen haben wir nur die Fläche markiert und ausgeschildert; da ist die Investition gering.“ Die Ausleihzahlen entwickelten sich derzeit auch im ländlichen Raum sehr gut, so zum Beispiel in Bürstadt oder Dossenheim. Letztendlich liege der Erfolgsfaktor in der Vielfalt und guten Verknüpfung der Verkehrsangebote. „Fahren Sie doch was Sie wollen – das Mietrad ist dabei“, schloss Frieder Zappe seine Ausführungen.
Im Anschluss leitete Matthias Kaufhold vom Fachbereich Planen und Bauen durch das Werkstattgespräch. „Die Stadt gibt im Doppelhaushalt 2022-2023 etwa 1 Million Euro für Planung und Bau von Radwegen sowie den damit verbundenen Grunderwerb aus, vor allem in Stadelhofen und Nussbach.“ Das sei zwar ein wichtiger Schritt, es gebe aber weiterhin Maßnahmen aus dem Radverkehrskonzept von 2019, die noch umzusetzen sind. Er stellte die Frage, ob es Vorschläge für Ergänzungen oder Änderungen am Konzept gebe und welche Maßnahmen als besonders dringlich eingeschätzt werden.
Im Fokus der Teilnehmer lagen dabei die Verkehrssicherheit und die Routenführung am Korberg, an den Knotenpunkten im Bereich Bahnübergang / Appenweierer Straße und in der Renchener Straße. Das seien die harten Nüsse, die die Stadt erwartet hatte,kommentierte Matthias Kaufhold. Hier gebe es in engen Straßenräumen mit vielen verkehrlichen Funktionen eine Gemengelage an Herausforderungen. „Die Stadt ist dran, aber schnelle Lösungen darf man in diesen Fällen nicht erwarten. Es geht um überlegtes Handeln und manchmal auch um eine Kombination von Maßnahmen“, so Christoph Lipps.
Abschließend standen die Radabstellanlagen auf dem Programm. Im Haushalt sind jährlich 20.000 Euro für deren Erweiterung und Verbesserung vorgesehen. Das Meinungsbild der Radfahrerinnen und Radfahrer soll dabei einbezogen werden. Klarer Favorit war im Mobilitätsgespräch die Bereitstellung von abschließbaren Anlagen am Oberkircher Bahnhof, damit Fahrräder vor Diebstahl und Vandalismus geschützt